Mittwoch, 12. Dezember 2018

Legt Europa in die Hand der Bürger

Einen radikal-demokratischen Vorschlag für Europa nennt Henrik Müller seine Idee, die er auf SPIEGEL ONLINE und gemeinsam Wolfgang Richter in einem Artikel für die Zeitschrift Wirtschaftsdienst vorgelegt hat.

Er konstatiert der Europäischen Union eine schwerwiegende Krise und betont, dass es so nicht weitergehen will. Damit ist er nicht allein, selbst der Kommission wird ja nachgesagt, dass sie für das Szenario „Weiter so“ die geringste Sympathie hat, siehe dazu meinen Blogeintrag.

Ein echtes Europaparlament mit grenzübergreifenden Wahllisten und europäische Parteien

Interessant ist der Ansatz eines echten europäischen Parlaments „one man, one vote“, das darüber entscheidet, wohin das Geld fließt. Auch der Ruf nach der Hoheit in Steuerfragen wird mit einem bekannten Anglizismus begründet „No taxation without representantion“ Die Wahlen zum Europaparlament finden dann nicht mehr gentrennt nach Ländern, sondern mit europäische Parteien grenzüber-greifend. Durch die Hoheit über das Geldausgeben entscheidet letztlich das Parlament über die inhaltlichen Schwerpunkte, in dem es entscheidet, ob Geld für die Regionalpolitik, Außen- und Verteidigungspolitik oder Grenzsicherung ausgegeben wird.

Ende des Steuerunterbietungswettbewerbs?

Interessant finde ich auch den Gedanken einer dualen Einkommenssteuer. Nationalstaaten können nach ihren Gerechtigkeitsvorstellung weiterhin über die Steuern auf Arbeit verfügen, das Kapital wird aber auf europäischer Ebene besteuert. Da das Kapital im Binnenmarkt völlig mobil ist, gehört es ja auch dahin. Könnte das das Ende des peinlichen Steuerunterbietungswettbewerbs innerhalb der EU sein?

Ist das wünschenswert und realisierbar? 

Man kann viele Einwände gegen diese Ideen vorbringen, denn zu einem „richtigen“ Parlament bräuchte man eine „richtige“ Regierung. Außerdem gelten die Argumente gegen das Szenario 5 der Kommission „Immer mehr Europa“ noch mehr: Schon heute wollen viele Europäer/innen an der Nation festhalten, durch dieses Modell wären die Macht der Mitgliedstaaten noch weiter eingeschränkt. Diese entscheiden letztlich über grundlegende Reformen und dass sie sich ausgerechnet auf dieses Modell entscheiden erscheint doch sehr utopisch.
Es ist immerhin ein Ansatz, der auch das Demokratiedefizit angeht und auch eine klarer Vorschlag - anders als die Kommission, die nur vage fünf Szenarien postuliert hat. Lesenswert und diskussionswürdig ist der Artikel allemal!

Mittwoch, 7. November 2018

Die Zukunftsszenarien der EU

Im März 2017 hat die Europäische Kommission fünf Szenarien veröffentlicht. Es wurde nicht ganz klar, welches Szenario die Kommission bevorzugt, was ebenso kritisiert wurde wie die Tatsache, dass es gleich fünf Zukunftsmodelle gibt.
Sicherlich kann man darüber streiten, ob die Szenarien eine gute Grundlage für weitere Diskussionen oder ein bloßes Sammelsurium bekannter Ideen ist, dass es diese Vorschläge gibt, finde ich aber sehr wichtig.

Welches Europa möchten wir?

Die Frage, die sich nicht nur die Staats- und Regierungschefs stellen müssen, sondern alle Bür-ger/innen: Welches Europa möchten wir.
Im Unterschied zu vielen anderen EU-Dokumenten ist das Weißbuch wirklich lesenswert und mit rund 30 Seiten auch nicht sehr lang.

Viele Zeitungen bieten eine Zusammenfassung und Bewertung u.a. die ZEIT.

Von "weiter wie bisher" bis "mehr gemeinsames Handel"

Was ist wünschenswert und was ist möglich?

1 Weiter wie bisher
Obwohl die Methode Monet, die man böswillig auch als Durchwursteln bezeichnen könnte, durchaus konkrete Ergebnisse hervorgebracht hat und auch noch bringen wird, ist dieses Szenario nur von wenigen erwünscht.

2 Binnenmarkt
Die Konzentration auf den Handel und der Rückzug aus anderen Bereichen wäre vielleicht für Großbritannien ein wünschenswertes Szenario gewesen.

3 Wer mehr will, tut mehr
Das Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten ist bereits in vielen Politikfeldern wie dem Euro Realität. Dem Vorteil, dass integrationswillige Staaten vorangehen können, steht das Problem entgegen, dass die Ungleichgewichte größer und die Entscheidungsfin-dung noch schwieriger werden.

4 Weniger, aber effizienter
Dieses Modell hat durchaus Scharm: weniger, aber das dann effizienter. Zentrale Aufgaben, die nur gemeinsam gelöst werden können, z.B. die Flüchtlingspolitik oder Innovationen, werden auf der europäischer Ebene entschieden, die Kompetenzen für Regional- aber auch die Sozialpolitik geht dafür an die Nationalstaaten bzw. Regionen

5 Zusammenarbeit erweitern
Das fünfte Szenario sieht viel mehr gemeinsames Handelns auf allen Gebieten vor, z.B. eine
gemeinsame Außen- und Migrationspolitik oder eine gemeinsame Wirtschaftspolitik.  Den schnelleren Entscheidungen steht hier dem Problem der Legitimation entgegen: wollen die Menschen einen europäischen Superstaat? Ich vermute nein…

Schwerpunktthema  Zukunft der EU

Nicht nur die Staats- und Regierungschefs werden über die Vorschläge disktuierten, auch in meinem neuen Schwerpunktthema "Die Zukunft der EU" werde ich die Zukunftsmodelle vorstellen. Ich freue mich auf spannende Diskussionen, denn es geht um unsere Zukunft.

Sonntag, 28. Oktober 2018

Neues Sorgenkind Italien

Treibt Italien die EU in eine neue Finanzkrise? Ein Artikel in der Süddeutschen und eine Kolumne auf ZEIT ONLINE beschäftigen sich mit dieser Frage.

Italien riskiert den großen Knall

Ulrike Sauer beantwortet in der Süddeutschen wichtige Fragen zur neuen Krise.
Erstmals hat die Kommission einen Haushaltsentwurf abgelehnt, Italien wiederrum hat das Angebot für einen konstruktiven Dialogs. Die drohende Geldstrafe von 3,6 Mrd. Euro ist gering im Vergleich zu den steigenden Kosten der Staatsanleihen, den Italien schon jetzt zahlen muss.
Eine Annäherung ist nicht in Sicht, da es der neuen italienischen Regierung im Hinblick auf die Europawahl offensichtlich um Radau geht.

Kann Europa den Erpressungsversuchen widerstehen?

Die Situation unterscheidet sich vom Krisenjahr 2011: Dank der Stabilisierungsmechanismen ist die Ansteckungsgefahr heute geringer. Allerdings geht es um andere Summe – Italiens Staatsverschuldung beträgt 131 % - mehr als 2 Billionen. Auch die Europäische Zentralbank kann nicht mehr in derselben Form eingreifen, der Zinssatz ist bereits auf 0 % und EZB-Chef Draghi hat bereits angekündigt, dass er seinen Landsleuten nicht unter die Arme greift.

Wenn Regeln nicht mehr gelten, ist die EU am Ende

Einen differenzierten Blick auf die Situation wirft Mark Schieritz in einer Kolumne für ZEIT ONLINE.
Er verweist darauf, dass Gerhard Schröder 2003 mit einer ähnlichen Begründung mehr Schulden gemacht als von Brüssel erlaubt – und kam damit durch. Da Italien bisher über kein funktionierendes soziales Absicherungssystem verfügt, ist auch die Einführung eines Grundeinkommens nachvollziehbar.

Die EU ist kein Superstaat, es wird durch Regeln zusammengehalten

Damit kommt Schieritz zum entscheiden Punkt: Regeln müssen eingehalten werden. Wenn jeder macht, was er will, kann die EU nicht funktionieren. Das gilt meines Erachtens auch für Angela Merkel, die im hessischen Wahlkampf angedeutet habe, dass Fahrverbote ja nicht unbedingt umgesetzt werden müssen.
Dazu gibt es auch kaum Alternativen: Weder die Abwicklung der EU noch ein europäischer Bundesstaat sind wünschenswert bzw. durchsetzbar.

Samstag, 6. Oktober 2018

10 Jahre Finanzkrise - bis zum nächsten Mal

In diesem Blogeintrag geht es nochmal um das traurige Jubiläum „10 Jahre Finanzkrise“. Die Autoren im SPIEGEL, der ZEIT und der Süddeutschen sind sich einig: die Gefahr einer weiteren Krise ist groß – im Gegensatz zu den Mitteln, die der Politik als Antwort darauf bleiben.

Die Amateure

Der SPIEGEL-Artikel Die Amateure Ist leider für Abonnenten aufrufbar. Die Autoren kritisieren, dass bis heute nicht vollständig aufgearbeitet ist, welche Fehler die deutsche Politik gemacht hat– und damit die Saat für die nächste Krise gelegt hat.

„Geschäfte ohne realwirtschaftlichen Nutzen. Aber mit horrenden Renditen“ so der damalige Chef der Deutschen Bank Ackermann. Das hielt die Deutsche Bank aber nicht davon ab, fleißig bei der Wetterei mitzuspielen. Die Autoren kritisieren, dass die Europäer nur halbherzig reagiert haben und anders als die USA mit Zwangskapitalisierung entschieden gehandelt haben.

Die nächste Finanzkrise wäre noch viel schlimmer

Ähnlich argumentiert William White, Chefvolkswirt der Bank für internationalen Zahlungsausgleich in einem Interview mit dem SPIEGEL. Zwar sei Dank der staatlichen Konjunkturprogramme und der Stundung von Krediten die Rezession nach der Lehman-Pleite schnell überwunden worden. Aber die damaligen Notmaßnahmen hätten verhindert, dass Firmen wettbewerbsfähiger - oder vom Markt verschwinden würden. Mehr noch als früher seien die großen Banken heute viel zu groß, um fallen gelassen werden zu können wie einst Lehman. "Das Krisenmanagement hatte unbeabsichtigte Konsequenzen", sagte White. "Die Schulden sind höher als je zuvor, vor allem in den Schwellenländern und China."

Geld drucken als bisherige Rettungsstrategie nicht mehr möglich

Die bisherige Antwort auf die Krisen war Geld drucken: Nach jeder Krise sind die Zinsen niedriger und die Schulden höher. Seine Forderung: Entscheidend sei, so White weiter, dass die Zentralbanken endlich den Krisenmodus verließen und eine antizyklische Geldpolitik betrieben - also angesichts der weltweit gut laufenden Konjunktur die Zinsen erhöhten

Dann bis zum nächsten Mal

Auch Uwe Jean Heuser sieht in der ZEIT die Gefahr für den nächsten Crash. Er argumentiert, dass Finanzkrisen ein „exzessives Kreditwachstum“ vorausgeht – zu viel Geld wird verliehen. Das ist der Fall – sowohl Unternehmen, Staatshaushalte, der Finanzsektor und Privathaushalte haben in den letzten Jahren gigantische Schuldenberge aufgebaut. Die gigantischen Geldmengen haben einen Boom bei Aktionskursen und Immobilienpreisen ausgelöst, aber so der Autor „Irgendwo wartet der nächste Crash“.
Sehr lesenswert auch das Interview mit Gerhard Schick. Der grüne Bundestagsabgeordnete verlässt den Bundestag, um sich auf seine Arbeit bei der Bürgerbewegung Finanzwende zu konzentrieren.
Die Bewegung setzt sich u.a. für eine Schuldenbremse für Banken und eine unabhängige Finanzberatung ein.

Lehmans Lehren

Rudolf Hickel ist ein streitbarer Ökonom, der oft gegen den Mainstream argumentiert hat.
In einem Kommentar für die Süddeutsche Zeitung würdigt er einige Maßnahmen von vor 10 Jahren – unter anderem die denkwürdige Versicherung von Angela Merkel und dem damaligen Finanzminister Steinbrück, dass die Einlagen der Sparer sicher sind. 
Andere Maßnahmen kritisiert er aber als nicht stimmig und schiebt die Schuld der einflussreichen Lobbyarbeit zu. Es ist das weltweit überschüssige Geldkapital, das immer wieder zu Spekulationsblasen führt. Die Treiber sind die Vermögenden und Einkommensstarken, die ihre illusorischen Renditeerwartungen auf völlig überschätzte Finanzmärkte konzentrieren.
Seine Forderung: Dabei würde es helfen, dem Übersparen entgegenzuwirken, indem Vermögen und Einkommen gerechter verteilt werden. Erwirtschaftetes Einkommen muss in die Realwirtschaft investiert werden. Dazu gehören auch Ausgaben für die öffentliche Infrastruktur, die einer nachhaltigen Wirtschaft nützen.

Montag, 24. September 2018

10 Jahre Finanzkrise - Gier frisst Hirn

Zum zehnten Jahrestag der Pleite von Lehman Brothers und dem Beginn der Finanzkrise gab es so viele interessante Artikel, Kommentare und Filme, sodass ich darüber in zwei Blogs darüber berichten möchte. Heute geht es um die Süddeutsche, die Heute Show und einen interessanten Film in der ARD, in der auch mal die Opfer zu Wort kommen.

Für die nächste Krise ist nicht vorgesorgt

Dies ist der zentrale Satz des Kommentars „Die Politik muss bei der Bankenrettung ehrlich sein“ von Claus Hulverscheidt in der Süddeutschen Zeitung

Er kritisiert den Begriff Bankenrettung: Gerettet wurde jener Umverteilungsmechanismus aus Einlagenverwaltung und Kreditvergabe, der den Kern des Bankgeschäfts ausmacht und ohne den keine große Volkswirtschaft der Welt funktionieren kann. Gerettet wurden jedoch auch und vor allem die Kunden, deren Sparguthaben sich ganz oder teilweise in Luft aufgelöst hätten, hätte der Staat ein Institut nach dem anderen in die Pleite geschickt.

Hulverscheidts Kritik: Die Politik hat nicht genug getan: Zwar sind die großen Geldhäuser der Welt heute mit viel mehr Kapital ausgestattet als 2008, allerdings um den Preis, dass Teile ihres Geschäfts - und zwar die gefährlicheren - in die unregulierte Welt der Schattenbanken abwanderten. Man kann fast darauf wetten, dass die nächste Krise hier ihren Ursprung haben wird. Auch fehlen bis heute eine Finanztransaktionssteuer, ein Verbot des Hochfrequenzhandels und eine effiziente Begrenzung von Managergehältern. Vor allem aber mangelt es weiter an Offenheit: Warum etwa gibt es immer noch keine einfache Webseite, auf der die Krisenkosten aufgeschlüsselt und begründet werden?

Jede Familie zahlt 3000 Euro für die Finanzkrise

Hulverscheidt beklagt auch, dass Zahlen erst auf eine Anfrage eines Abgeordneten publik wurden. Und die haben es in sich: Die Finanzkrise wird die deutschen Steuerzahler wohl mehr als 68 Milliarden Euro kosten – jede Familie zahlt 3000 Euro für die Finanzkrise.
Cerstin Gammelin kritisiert in ihrem Artikel darüber hinaus, dass die Folgen der Krise auch nach zehn Jahren noch nicht bewältigt sind. Bund, Länder und Kommunen sind weiter damit beschäftigt, heimische Banken zu stützen.

Die nächste Finanzkrise kann scheinbar aus dem Nichts losbrechen

Düster auch die Analyse von Ulrich Schäfer in der Süddeutschen Zeitung: Die nächste Finanzkrise kann scheinbar aus dem nichts losbrechen.

Schäfer wendet sich gegen die Kritik an der EZB und deren Chef Mario Draghi, der von vielen verantwortlich gemacht wird., sondern benennt als die wirkliche Schuldige: gierigen Spekulanten, trickreichen Investmentbankern und skrupellosen Händlern. Seiner Meinung nach wird hier der Gärtner zum Bock gemacht, denn die EZB hat mit ihrer Geldpolitik ja verhindert, dass die Staatsschuldenkrise in Europa ins Fiasko führte.

Mittellosen US-Bürgern wurden Ramschkredite aufgedrängt

Er sieht die Ursache vor allem in privaten Banken und Kredithaien, die mittellosen US-Bürgern ihre Ramschkredite aufdrängten. Investmentbanker schnürten die Kredite anschließend zu hochriskanten Wertpapieren und verschoben sie, versehen mit viel zu hohen Noten privater Ratingagenturen, rund um den Globus - ein Hütchenspiel, das ins Verderben führte. Auch den Vorwurf an die Aufsichtsbehörden lässt er nicht gelten, schließlich hat die Finanzlobby seit den späten 1980er-Jahren darauf gedrungen, die Kapitalmärkte zu deregulieren - die Politik ließ sich von diesem marktradikalen Denken infizieren.

Schattenbanken, Hedgefonds und Private-Equity-Gesellschaften als Verursacher

Gefahren sieht er in den bis heute mächtige Schattenbanken, die ähnlich wie Geldhäuser agieren, aber viel schwächer überwacht werden; dazu zählen Hedgefonds ebenso wie Private-Equity-Gesellschaften. Sie verwalten etwa 34 Billionen Dollar - das entspricht der Hälfte dessen, was die Menschheit alljährlich erwirtschaftet. Zudem gibt es nach wie vor Abertausende Briefkastenfirmen, mit deren Hilfe die Finanzindustrie ihre Geschäfte abwickelt, sie sitzen in Steueroasen in der Karibik ebenso wie in Europa. Diese sogenannten Zweckgesellschaften haben meist nur einen Zweck: Sie sollen das Kapital strengerer staatlicher Kontrolle entziehen.

Die globale Ökonomie bleibt labil und krisenanfällig

Solange die Weltgemeinschaft es weiterhin zulässt, dass die Finanzindustrie ihre Geschäfte in solch trübe Gewässer leitet, besteht die Gefahr, dass scheinbar aus dem Nichts die nächste Finanzkrise losbricht. … Die globale Ökonomie ist und bleibt, trotz aller Maßnahmen, die Politiker ergriffen haben, labil und krisenanfällig.

Heute Show: Gier Royal 

Die Heute Show bietet nicht nur gute Satire, sondern auch gut recherchierte Informationen. In der Reihe „What the Fakt!?“ geht es um Gier Royal – 10 Jahre nach der Finanzkrise.
Sie verweisen auf einige interessante Quellen:
So eine Chronik der Ereignisse, eine Dokumentation im ZDF und einen Bericht über die wahren Lehman-Opfer – nämlich die deutschen Sparer, die von wertlosen Zertifikaten nun unter der Nullzinspolitik landen.
Auch die Sendung war wieder mal sehenswert.

Donald Trump als Mephisto der Finanzkrise

Der Wirtschaftshistoriker Harold James zieht eine direkte Linie von der Lehman-Pleite im Jahr 2008 bis zum Aufstieg des Populismus im Westen.
In einem Interview sagt James: Die einzige Möglichkeit, Trump zu verstehen, ist ihn als eine Art Antwort auf das Fallout der Krise von 2007/2008 zu sehen. Es fällt schwer, sich vorzustellen, dass die Politik, mit der Trump verbunden wird, irgendetwas Positives hinterlassen wird. Auf der anderen Seite hat Trump das System aufgemischt. Manchmal kommt er mir vor wie eine Art Mephistopheles. 

Gier frisst Herz

Zum Schluss noch ein Hinweis auf eine interessante Dokumentation über die Lehman-Pleite, die gestern in der ARD gesendet wurde. Das große Dokudrama zeichnet den Countdown bis zur Finanzkrise im Jahr 2008 nach. Ergänzt werden die Spielszenen durch radikal offene Interviews mit Zeitzeugen, geschädigten Bankkunden und Verantwortlichen für den Crash. Treffender Titel: Gier frisst Herz

Montag, 3. September 2018

Schaffen wir das? Eine Bilanz nach drei Jahren

Vor drei Jahren hat Angela Merkel ihren berühmten Satz „Wir schaffen das“ gesagt. Die Süddeutschen, die ZEIT und das Politikmagazin Panorama haben versucht, Bilanz zu ziehen.

Unterschiedliche Antworten je nach Wahrnehmung

Je nach Wahrnehmung dürfte die Frage, ob wir es geschafft haben sehr unterschiedlich sein, wie Anja Reschke in Panorama treffen feststellte.
Für die einen, ist es noch viel zu früh, ein Fazit zu ziehen, weil Integration Jahrzehnte dauert. Andere wiederum sehen das Flüchtlingsmanagement gescheitert, weil zu viele bürokratische Hürden die Integration und Unterbringung der Flüchtlinge erschweren. Und wieder andere sehen sich in ihren Befürchtungen von 2015 bestätigt, dass ein ungeordneter Zuzug Hunderttausender Menschen Probleme mitbringt. Dem gegenüber stehen durchaus vorzeigbare Erfolge bei der Integration: viele Flüchtlinge, die inzwischen Jobs und eigene Wohnungen haben.

Panorama- ein differenziertes Bild

In verschiedenen Beiträgen berichtete das Politikmagazin Panorama über das Thema Flüchtlinge. In Königswinter, wo die Redaktion bereits vor drei Jahren gedreht hatte, ging es um die bürokratischen Hürden, ein Bericht aus Hamburg zeigte eines der vielen gelungenen Beispiele. Bei einem Besuch bei Pegida distanzierten sich die Interviewten immerhin von den unsäglichen „Absaufen“-Gegröle, die Probleme zeigen sich aber aktuell wieder sehr deutlich.

Drei Jahre "Wir schaffen das" - eine Bestandsaufnahme

Die Bestandsaufnahme der Süddeutschen Zeitung konzentriert sich auf zentrale Fakten und bietet auch zahlreiche interessante Grafiken. 

1,3 Mio. Asylanträge in Deutschland

Mehr als 1,3 Millionen Asylanträge hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) von Anfang Juli 2015 bis Ende Juli 2018 angenommen. Die Großzahl der Menschen kam dabei im Zeitraum zwischen Juli 2015 und März 2016. Das war auch die Zeit, als zeitweise 400.000 Anträge unbearbeitet waren. Seitdem im Frühjahr 2016 die Balkanroute dicht gemacht wurde, hat sich die Zahl der ankommenden Flüchtlinge allerdings drastisch verringert. Mittlerweile kommen in Deutschland nur noch so viele Flüchtlinge an wie vor der Krise. Im Juli dieses Jahres waren es etwas mehr als 13 000.

900.000 Flüchtlinge sind im Land

Hier gibt es nur Annäherungen durch das Ausländerzentralregister. Danach lebten Ende Juni 2018 gut 900 000 Flüchtlinge mehr in Deutschland als noch Mitte 2015. Sie waren entweder als Asylsuchende noch im Verfahren, nach abgelehntem Asylantrag noch im Land, in der Mehrzahl aber als Schutzberechtigte vom Bamf oder vor Gericht schon anerkannt. Hauptherkunftsland ist bis heute mit Abstand Syrien, jeder vierte war bei der Ankunft zwischen 16 und 24 Jahre, es dominieren die Männer

250.000 in sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung

Nur oder schon? Auch die nächste Zahl ist nur eine Annäherung und es lässt sich trefflich streiten, ob sie ein Erfolg darstellen: etwa eine viertel Million einen sozialversicherungspflichtigen Job, das sind dreimal mehr als vor drei Jahren. Allerdings sind fast eine halbe Million Menschen aus diesen Ländern als arbeitssuchend gemeldet, fast viermal so viele wie 2015.

21 Milliarden für Flüchtlingshilfe und Integration

Auch die Kosten können nicht genau beziffert werden, denn viele Maßnahmen können nicht genau zugeordnet werden bzw. verteilen sich auf viele Einzelbudget von Land, Ländern und Kommen. Finanzminister Olaf Scholz geht für 2017 von 21 Milliarden aus – davon ein Drittel zur Bekämpfung von Fluchtursachen und ein Drittel für die Bundesländer.

ZEIT: Flüchtlinge – Eine Bilanz

Auch die ZEIT zog Bilanz und fragt: Routen schließen, Fluchtursachen bekämpfen, abschieben und helfen: Seit drei Jahren dominiert der Umgang mit Asylbewerbern und Migranten die Politik. Was wurde seitdem beschlossen? Was funktioniert – und was nicht? Die Autoren prüfen Länder und Regionen und zeigen anhand zahlreicher Grafiken und Statistiken, wie sich die Situation verändert hat. Fazit auch hier: Das Glas ist halb voll (oder halb leer). 

Afrika

Um zu verhindern, dass sich mehr Afrikaner auf den Weg nach Europa machen, hat die EU beschlossen, in deren Heimatländern die Fluchtursachen zu bekämpfen. Das ist eine komplexe Aufgabe, denn die Ursachen für Flucht und Migration sind vielfältig. Sie reichen von bewaffneten Konflikten über schlechte Staatsführung bis hin zu Dürren und Naturkatastrophen. Im November 2015 haben die Staats- und Regierungschefs der 28 EU-Länder einen Afrika-Treuhandfonds aufgelegt.

Niger

Niger ist einer der wichtigsten Transitstaaten auf der Migrationsroute von Westafrika nach Europa. 2015 zogen zeitweise mehr als 5000 Migranten und Flüchtlinge durch das Land – pro Woche. Mittlerweile ist die Zahl der Durchreisenden laut der nigrischen Regierung deutlich gesunken, auf zuletzt 10.000 pro Jahr. Für die Schließung der Migrationsrouten und für Entwicklungsprojekte bekommt Niger von der EU bis 2020 rund eine Milliarde Euro. Ein Teil des Geldes soll in neue Arbeitsplätze fließen.

Libyen

Nach dem Sturz des Diktators Muammar al-Gaddafi 2011 wurde Libyen zu einem Magneten für Menschenhändler. Hunderttausende Migranten und Flüchtlinge sind seitdem über das nordafrikanische Land nach Europa gekommen. Die EU versucht deshalb, den Menschenhandel zu bekämpfen, und unterstützt die Bemühungen der UN, in Libyen eine Einheitsregierung zu bilden. Die Fortschritte sind allerdings gering; das Land ist nach wie vor in verschiedene Macht- und Einflusssphären zersplittert. Viele Migranten und Flüchtlinge leben in Libyen entweder in Gefängnissen der Zentralregierung oder in Lagern von Milizen.

Türkei

Eines der wichtigsten Instrumente der Flüchtlingspolitik, jedenfalls aus Berliner Sicht, ist das Abkommen zwischen der EU und der Türkei. Die Hauptziele - die Verringerung der Zahl an Flüchtlingen und der Zahl der Todesopfer wurde erreicht. Es hakt bei der Umsetzung des Abkommen, das auf drei Pfeilern steht:
Die Türkei für eine bestimmte Zeit aus Griechenland alle syrischen Flüchtlinge zurück, die aus der Türkei kommen. Im Gegenzug nimmt die EU für jeden Syrer, der zurückgeschickt wird, einen syrischen Flüchtling aus der Türkei auf – die sogenannte Eins-zu-eins-Vereinbarung.
Auch alle anderen Flüchtlinge und Migranten, die auf dieser Route illegal auf eine griechische Insel gelangen und keinen Asylgrund haben, kommen auf Kosten der EU zurück in die Türkei.
Die Türkei erhält dafür von der EU insgesamt sechs Milliarden Euro Flüchtlingshilfe.

Mittelmeer

Unter dem Eindruck mehrerer gesunkener Flüchtlingsboote verständigten sich 25 EU-Länder im Frühjahr 2015 darauf, Marineschiffe und Soldaten ins zentrale Mittelmeer zu schicken. Ziel ist in erster Linie die Bekämpfung von Schleppern, faktisch haben aber auch die Soldaten Zehntausende Menschen aus Seenot gerettet. Die privaten Rettungsorganisationen, die mit eigenen Schiffen im Mittelmeer unterwegs sind, werden zunehmend von der italienischen Regierung behindert. Ihre Schiffe werden beschlagnahmt, Crewmitglieder etwa wegen Beihilfe zum Menschenschmuggel angeklagt.
Die Unterstützung von Griechenland und Italien hat aus verschiedenen Gründen nicht richtig funktioniert. Bei den eingerichteten Hotspots können EU-Beamte zwar helfen, die Hoheit bei strittigen Entscheidungen liegt aber unverändert bei den Regierungen in Rom und Athen.
Ein Desaster war die Umsetzung der Entscheidung, zur Entlastung von Griechenland und Italien 160.000 Flüchtlinge umzusiedeln. Diese Entscheidung hat zu erbitterten Auseinandersetzungen geführt. Bis Ende Mai 2018 wurden knapp 35.000 Asylbewerber innerhalb der EU umgesiedelt. Der ungelöste Streit um die Verteilung der Flüchtlinge verhindert bislang auch eine Reform der europäischen Asylregeln ("Dublin").

Balkan

Die meisten Flüchtlinge und Migranten, die 2015 nach Europa kamen, passierten die griechisch-mazedonische Grenze und setzten ihren Weg von dort aus fort. Ganz geschlossen ist die Balkanroute bis heute nicht. Allein in diesem Jahr wurden bislang mehr als 11.000 Menschen bei illegalen Grenzübertritten in Albanien, Montenegro und vor allem Bosnien-Herzegowina aufgegriffen.

Asylbewerber

Die Bundesregierung hat das Asylrecht verschärft: der Familiennachzug von Flüchtlingen mit subsidiärem Schutz wurde eingeschränkt, Abschiebungen erleichtert. Nach der Bundestagswahl 2017 einigte sich die neue große Koalition auf eine jährliche Obergrenze von 180.000 bis 220.000 Flüchtlingen, ohne jedoch das Recht auf Asyl und die Genfer Flüchtlingskonvention anzutasten.

Mittwoch, 29. August 2018

Die richtige Flüchtlingspolitik

Die Ankündigung (Die richtige Flüchtlingspolitik) ist etwas großspurig, ebenso der Titel (Die Jahrhundertfrage), ohne Frage hat das Thema Flüchtlinge aber eine große Brisanz.
Es lässt sich trefflich darüber streiten, ob die zehn Thesen, die Nicole Abe, Katrin Elger und Fritz Schaap in ihrem Artikel im SPIEGEL beschreiben, tatsächlich die Lösung des Problems darstellen, aber interessant ist es allemal. Besonders gefallen hat mir die Ausgewogenheit, auf einseitige Schuldzuweisungen wird im Artikel ebenso verzichtet wie auf radikale Lösungen. Alle Forderungen wären durchaus umsetzbar, gemeinsam könnten sie vielleicht die Problematik tatsächlich befrieden, wenn auch sicherlich nicht endgültig lösen.
Da der Artikel leider nur für Abonnenten aufrufbar ist, möchte ich an dieser Stelle alle Thesen nennen:

10 Thesen für eine Flüchtlingspolitik

1.    Mehr Hilfe vor Ort: Sowohl die Länder nahe den Krisenherden als auch das UN-Hilfswerk brauchen mehr Geld, um Schutzbedürftige besser versorgen zu können.
2.    Autonomie wiederherstellen: Statt in Lagern weggesteckt, sollen Flüchtlinge möglichst schnell in Arbeit gebracht werden, Jobs sollen vor Ort geschaffen werden.
3.    Außengrenzen stärker kontrollieren: Die EU muss wissen, wer einreist, die Identität der Migranten prüfen und sie registrieren.
4.    Resettlement: Für politische Verfolgte muss es gefahrlose Wege nach Europa geben. Mithilfe des UNHCR können diese in Flüchtlingslager ausgewählt werden.
5.    Wirtschaftlicher Aufbau: EU-Firmen dürfen den afrikanischen Markt nicht mit subventionierten Billigprodukten überschwemmen und die lokale Wirtschaft schwächen.
6.    Leben retten: Europa hat die Pflicht, Schiffbrüchigen zu helfen und darf diese Aufgabe nicht privaten Organisationen überlassen.
7.    Transitzentren: EU-Experten prüfen dort in Transitzentren innerhalb weniger Wochen, ob eine Person Asyl bekommt. Wer nicht schutzbedürftig ist, hat kein Bleiberecht in Europa.
8.    Rücknahmeabkommen: Europa muss mit den afrikanischen Herkunftsstaaten Verträge aushandeln, damit sie bereit sind, ihre Staatsbürger wieder aufzunehmen.
9.    Arbeitsvisa: Kontingente für diese könnten für die Länder wie den Senegal, Gambia oder Nigeria ein Anreiz sein, solchen Rücknahmeabkommen zuzustimmen.
10.    Einwanderungsgesetz: Ausreisepflichtige, die vor einem Stichtag nach Deutschland gekommen sind, sollen ein Bleiberecht und eine Arbeitserlaubnis erhalten.

Über Hölle, Paradiese und Moral

Nicht alle Thesen werden im Text ausführlich behandelt, vielmehr kommen im Bericht verschiedene Akteure zu Wort. Einige für mich besonders beeindruckende Stellen möchte ich hier nochmals erwähnen:

Die europäische Flüchtlingspolitik ist so planlos wie unmoralisch

Sie benachteiligt die Schwächeren und bevorzugt jene, die Geld für einen Schlepper haben und robust genug für die lebensgefährliche Route sind. Als Beleg für diese These nennen die hohe Anzahl an Männern (70 %) und die Notwendigkeit von Schleppern. In der Tat wird für die vielen Flüchtlinge, die direkt in Syrien oder den Nachbarländern leben, deutlich weniger Geld aufgebracht als für die, die es nach Europa schaffen.

Die europäische Hölle ist besser als Afrikas Paradies

Bedrückend und beeindruckend in dieser Geschichte auch die Berichte der Flüchtlinge, die allen Widrigkeiten zum Trotz an ihrer Hoffnung auf ein besseres Leben in Europa festhalte. Während in Europa „Man lebt nur einmal“ YOLO (you only live once) das Motto ist, gilt für diese junge Menschen „Man stirbt nur einmal“.

Europas Türsteher

Im Artikel wird auch die europäische Kooperation mit Niger thematisiert. Dies war auch Thema einer Dokumentation in der ARD, die ich ebenfalls empfehlen kann.

Wie Afrika Flüchtlinge stoppen soll

Die EU investiert Milliarden, um afrikanische Staaten als ihre neuen Grenzschützer zu etablieren. Unterstützt werden auch Diktaturen, die im Gegenzug Grenzen dicht machen.

Mittwoch, 22. August 2018

Griechenland verlässt den Rettungsschirm

Griechenland steht nicht mehr unter dem Rettungsschirm – nach 8 Jahren und 274 Milliarden.
Der Titel von Alexander Mühlauers Kommentar in der Süddeutschen finde ich sehr passend: Griechenland ist ein Mahnmal für Europa.

Die Euro-Staaten müssen endlich aus ihren Fehlern im Umgang mit Wirtschaftskrisen lernen. Für den nächsten Satz wird er viel Kritik ernten „Für das reiche Deutschland heißt das: Es muss bereit sein, mehr zu geben.“

Griechenland bleibt ein fremdbestimmter Staat

Die Kreditlaufzeiten wurden bis 2060 gestreckt. Es wurde festgelegt, welche Haushaltsziele Athen zu erreichen hat. Auch wenn es keine neuen Reformauflagen geben wird, bleibt Griechenlands Souveränität eingeschränkt, d.h. Griechenland bleibt fremdbestimmt. 

Der Euro als Spaltpilz der EU

Das Ziel die Euro-Staaten zusammenbringen hat der Euro eindeutig nicht erfüllt, im Gegenteil so Mühlauer: 
Jene Währung, die Europas Staaten stärker miteinander verbinden sollte, ist in der Schuldenkrise zum Spaltpilz des Kontinents geworden. Im Süden wächst eine Generation junger arbeitsloser Europäer heran, die berechtigterweise Angst hat, abgehängt zu bleiben. In Deutschland gibt es das ungute Gefühl, dass „die fleißigen Deutschen“ die „faulen Südeuropäer“ finanzieren. Die Null-Zins-Politik der Europäischen Zentralbank birgt in den Augen vieler Deutscher eine so klare wie fatale Botschaft: Sparen lohnt sich nicht.

Mehr Verantwortung übernehmen

Mühlauer sieht drei Instrumente, die dabei helfen könnten: ein Haushalt für die Euro-Zone, eine gemeinsame Arbeitslosenversicherung und einen Europäischer Währungsfonds.
In einer Welt, in der man sich auf alte Bündnispartner nicht mehr verlassen kann, ist das unumgänglich. Schon allein aus Selbstschutz braucht es eine stabile Währungsunion. Bleibt zu hoffen, dass Europa aus der Griechenlandkrise gelernt hat und nicht erst handelt, wenn es nicht mehr anders geht.

Deutschland hat - bisher - keine Verluste 

Bis 2060 ist es noch lang und natürlich kann niemand voraussagen, ob Griechenland wirklich alle Kredite zurückzahlen und auch die ehrgeizigen Ziele erreichen kann. Entgegen vielverbreiteter Meinung hat Deutschland aber bisher kein Geld verloren, sondern sogar Zinseinkünfte von fast 3 Mrd. Euro verdient, siehe diesen Bericht

Montag, 13. August 2018

Das Dublin-System kann weg

Ein guter Kommentar von Stefan Ulrich in der heutigen Ausgabe der Süddeutschen über das Dublin-System. So richtig funktioniert hat es nie und seit dem Beginn der Flüchtlingskrise ist es endgültig ad absurdum geführt. Es war höchste Zeit, dass auch Kanzlerin Merkel das eingesehen hat. Treffend auch der Hinweis, dass sich Deutschland lange um die Solidarität gedrückt hat.

Abkommen mit Herkunftsländern

Der Autor verweist auch auf Vorschläge der Denkfabrik „Europäische Stabilitätsinitiative". Sie laufen darauf hinaus, Abkommen mit den Herkunftsländern von Armutsflüchtlingen zu schließen, mit Nigeria oder Gambia etwa. Diese Länder sollen Einwanderungskontingente für Europa bekommen, wenn sie Schlepper bekämpfen und abgelehnte Asylbewerber zurücknehmen.

Asylantrag nur nach einem Fallschirmsprung

Zwar schon 5 Jahre alt, aber immer noch aktuell dazu ein Beitrag des Satiremagazins extra 3:

Freitag, 3. August 2018

Seenotrettung in der Diskussion: Soll man es lassen?

Es hat eine heftige Diskussion ausgelöst. Wie so häufig und von vielen Leser/innen inkl. mir sehr geschätzt, hat die ZEIT zu einem Thema zwei kontroverse Meinungen gegenübergestellt.

Soll man es lassen?

In der Ausgabe 29/2018 ging es um die Seenotrettung. Der Titel "Soll man es lassen?" suggerierte zumindest indirekt, dass man Flüchtlinge auch ertrinken lassen könnte. In der Tat sind einige fragwürdige Argumente enthalten und auch die Angriffe gegen die Retter sind zum Teil harsch. Ich kenne (wie so viele) keine Lösung, aber Menschen zur Abschreckung ertrinken lassen, kann keine Option sein. Dennoch ist der Diskurs wichtig, deshalb hier der Link zu dem Artikel.

Abschreckung auch bei anderen Themen?

Eine Art der Auseinandersetzung ist Satire. Christian Ehring vom Satire-Magazin extra 3 fragt zurecht, wo man sonst noch Abschreckung einsetzen könnte, ein verunglücktes Kind nicht retten, Raucher nicht operieren? Der Weg zu PEGIDA ist nicht weit, aber sehen Sie selbst: 

Montag, 30. Juli 2018

Abschied von der Globalisierung?


In den Samstag-Ausgaben der Süddeutschen Zeitung sind zwei interessante Essays erschienen, die sich mit der Vergangenheit und der Zukunft des Welthandels und der Globalisierung beschäftigen.

Erst kommen Zölle, dann folgt der Krieg

Der Titel des Essays von Nikolaus Piper ist etwas provokativ, die Bedeutung von Frieden beim internationalen Handel kann aber sicher nicht hoch genug eingeschätzt werden.
Seine Thesen: Wohlstand ohne Welthandel ist nicht möglich. Sein Verdacht: Nicht nur Trump hat das nicht verstanden. Er hofft, dass Globalisierungsgegner von rechts und links aus der Geschichte lernen
In der Vergangenheit haben Konflikte beim Handel zu Kriegen geführt, wie z.B. die Boston Tea Party. Handel zwischen Länder wiederrum hat nicht zu Wohlstand, sondern auch zu Frieden geführt.

Die Globalisierung macht auch Angst

Die Globalisierung im 19. Jahrhundert schaffte zwar Wohlstand, sie machte aber auch Angst, und sie half den Armen nicht. So entstand einerseits eine linke Arbeiterbewegung, andererseits eine militante, nationalistische, antiliberale und meist auch antisemitische Rechte, die den Schutz der heimischen Wirtschaft vor ausländischer Konkurrenz verlangte.

Internationale Zusammenarbeit nach dem 2. Weltkrieg

Nach dem Krieg entstanden Regeln für den internationalen Warenaustausch. Es entstanden der Internationale Währungsfonds IWF zur Versicherung gegen Zahlungsbilanzkrisen und das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen GATT, aus dem später die Welthandelsorganisation hervorging.

Entwicklung kippt nach dem Kalten Krieg

Der Autor sieht in Chinas Verhalten ein Grund für die gegenwärtige Krise
Am 11. Dezember 2001 wurde China Mitglied der WTO und genießt alle Vorzüge dieser Mitgliedschaft. Es hält in der WTO aber bis heute den Status eines Entwicklungslandes und praktiziert mit dieser Begründung einen protektionistischen Schutz der eigenen Industrie, der für die zweitgrößte Volkswirtschaft der Erde längst nicht mehr akzeptabel ist. 
Die Vorwürfe von Trump sind also ein Stück weit berechtigt, so der Autor: Auch deshalb hatte die WTO auch schon vor Trump viel von ihrer Autorität eingebüßt.

Wiederholt sich die Geschichte?

Wie im 19. Jahrhundert hat der grenzenlose Handel eine militante Antiglobalisierungsbewegung hervorgerufen. Zunächst kam der Protest nur von links. Die "Schlacht von Seattle" 1999 wird auch heute noch in der Szene als Erfolg gefeiert. Inzwischen haben sich auch die Rechtspopulisten des Themas angenommen. Das "alte Modell der Globalisierung" habe ausgedient, sagte Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán dem chinesischen Fernsehen. Und Trump ist dabei, die WTO vollends zu demontieren.

Abschied von der Welt-Wirtschaft

Ganz ähnlich argumentiert Jan Willmroth in seinem Essay Abschied von der Welt-Wirtschaft. Er sieht Anzeichen für eine De-Globalisierung und befürchtet einen katastrophalen Umbruch. Es geht nicht nur um Handel, sondern um die Zukunft internationaler Kooperation.

Die Ära der Globalisierung neigt sich dem Ende zu

Trotz aller Kritik hat die Globalisierung den Wohlstand in einem bisher nie gekannten Maße gemehrt. Nun droht ganzen Weltregionen eine Abwärtsspirale.
Die Gefahr, dass die Globalisierung in ihrer bisherigen Form nun enden könnte, ist eng verknüpft mit der Präsidentschaft von Donald Trump, in dessen Abschottungspolitik die stumpfe Gewalt eines Baseballschlägers auf die jahrzehntelang gewachsene Komplexität globaler Warenströme trifft.

Wie Piper sieht Willmroth den Beginn der Krise bereits im Beitritt Chinas zur Welthandelsorganisation: China nutzte eine billige Währung, erschwerte Ausländern den Marktzutritt und sperrte selektiv Importe aus. Diese doppelbödige Strategie wurde vielen Politikern zum Vorbild.
Den schwersten Schlag versetzte der Globalisierung aber ausgerechnet die globalisierten Finanzmärkte ab 2007. Hinzu kommt, dass sich für viele Menschen, z.B. die unteren Mittelschichten in den Industrieländern, das Wohlstandsversprechen der globalen Vernetzung nicht eingelöst hat.

Eine Handelsordnung für das neue Jahrtausend

Mit dem Autor ist zu hoffen, dass Trump und seine Mitstreiter die Welthandelsorganisation nicht beerdigen werden:
Vielleicht geschieht noch ein Wunder und es gelingt tatsächlich eine Reform, die eine Handelsordnung für ein neues Jahrhundert des Fortschritts begründet... Handelsschranken können Waffen sein, und wer diese einsetzt, wird sich auch anderer Methoden bedienen, sobald es ernst wird.

Freitag, 27. Juli 2018

Brexit - Kein Deal besser als ein schlechter?

Der Brexit wird kommen - leider 

Obwohl es mir schwerfällt, glaube ich nicht mehr an die Rücknahme des Brexits. Selbst wenn es ein erneutes Referendum gäbe – eine parlamentarische Mehrheit ist dafür derzeit nicht in Sicht – ist der Ausgang keineswegs gewiss und bei einem erneuten knappen Ergebnis wäre nichts gewonnen.

Die Tragödie um den Brexit geht weiter. Zwar ist mein „Lieblingspolitiker“ Boris Johnson nicht mehr im Amt, ob es wirklich besser wird, ist aber nicht ausgemacht. Es mehren sich die Stimmen, die vor einem Brexit ohne Abkommen warnen. Manche in Großbritannien scheinen sich diesen zu wünschen, aber das kann nicht ernst gemeint sein. Zwei Artikel belegen dies:

Katastrophe Folgen ohne Abkommen

In deinem Artikel in der ZEIT geht es laut Titel um die Frage, was passiert, wenn Großbritannien seine Schulden nicht zurückzahlt, aber in Wahrheit wären diese 50 Mrd. Peanuts im Vergleich zu den anderen Folgen.

Allein die zwangsweise Wiedereinführung des Zolls, die durch einen ungeordneten Austritt fällig wären, hätten fatale Folgen. Nicht so sehr, aber allein die Tatsache, dass zumindest stichprobenartig kontrolliert werden würde. Alleine zwischen Dover und Calais fahren jährlich etwa 2,5 Mio. LKWs.
Die Wirtschaftsprüfer von Deloitte haben ausgerechnet, dass VW, BMW und Mercedes bei einem harten Brexit mit deutlich weniger verkauften Autos und dadurch mit Umsatzeinbußen von rund 12,4 Milliarden Euro rechnen müssten. 18.000 Arbeitsplätze bei den deutschen Autobauern wären direkt bedroht. Es gibt bereits erste Forderungen nach einer Verlängerung der Verhandlungen, aber würde das wirklich zu einem Ergebnis führen?

Abhängigkeit sogar noch größer 

Immerhin hat Großbritannien einen Plan mit einigen interessanten Gedanken, über die man zumindest reden sollte. Allerdings, so Jochen Bittner in seinem Artikel „Paradoxer Staubsauger“ in der ZEIT würde das die Briten erst recht von Brüssel abhängig machen.

Es bleibt also spannend..

Donnerstag, 19. Juli 2018

Flüchtlingspolitik - "Was es mit uns macht, was wir mit ihnen machen"

Ein toller Artikel von Bernd Ulrich, der in der ZEIT über die Flüchtlingspolitik schreibt. In „Was es mit uns macht, was wir mit ihnen machen“ stellt er 15 Thesen zur Wende in der Asylpolitik auf.

Vier Monate Willkommenskultur - seit 31 Monaten geht es in die andere Richtung

Die Stimmung ist nach der Kölner Silvesternacht gekippt, nach Ulrichs Berechnung gab es damit vom 4. September 2015 gerade mal vier Monate eine linksliberale Hegemonie, seit 31 Monaten geht es aber in die andere Richtung: Positive Nachrichten über Flüchtlinge sind unerwünscht, Gewalttaten finden besonders dann öffentliche Beachtung, wenn sie einen muslimischen Hintergrund haben.

Durch den EU-Gipfel im Juni 2018 hat die EU einen großen Schritt in Richtung Abschottung gemacht und damit den vollzogen. Ulrich fragt, ob wir überhaupt noch einen Minimalkonsens haben und wie dieser aussehen könnte.

15 Thesen zur Flüchtlingspolitik

Was also macht es mit uns, was wir mit ihnen machen? Im Folgenden habe ich die aus meiner Sicht wichtigsten Punkte aufgelistet.

1. Flüchtlinge

Eine Gesellschaft darf aufteilen zwischen legaler und illegaler Flucht. Dennoch muss gelten: Was rechtlich illegal ist, kann dennoch menschlich legitim sein. Und ist es auch meistens.

2.    Wir müssen unsere Grenzen schützen

Ulrich kritisiert die Grenzschutzübung, bei dem Menschen in Not zu Invasoren umgedeutet werden: Plötzlich sind also wir die Menschen in Not – Verdrehung der Wirklichkeit, Umwertung der Werte, Nietzsche lacht in seinem Grab.

3.    Private Seenotretter sind schuld am Rechtsruck

Dieses Argument bewegt sich am Rande des Zynismus, solange staatliche Seenotrettung gewollt lückenhaft ist. Wie so oft in der Flüchtlingsdebatte trägt diese Behauptung eine noch gefährlichere Logik in sich, weil der Rechtsruck als quasi natürliche Reaktion auf schlecht kontrollierten Zustrom dargestellt wird.

4.    Integration ist eine Bringschuld

Das stimmt so nicht, denn natürlich kann Integration nur als Geben und Nehmen gelingen, als ein Wechselspiel von Bringschuld und Holschuld.

5.    Bekämpfung der Fluchtursachen

Meistens würde es schon genügen, wenn die Europäer, auch Deutschland, aufhören würden, Fluchtursachen zu sein, etwa mit ihrer Landwirtschafts- und Fischereipolitik. Das ist im Übrigen auch leichter, als nur Fluchtursachen vor Ort zu bekämpfen. Fluchtursachen bekämpfen bedeutet in Wahrheit oft: Wir meinen es gut, aber die Aufgabe ist so gigantisch, dass wir an ihr jederzeit scheitern dürfen.

6.    Die finale Lösung der Flüchtlingsfrage

Die Vorstellung, dass ein Problem dieser Größenordnung final lösbar sein könnte, ist völlig irreal. Mit Blick auf Wohlstand, Freiheit und Sicherheit sind die Verhältnisse zwischen Europa und seinem südlichen Nachbarkontinent derart ungleich, dass dieses Menschheitsproblem in einer immer enger zusammenrückenden Welt allenfalls leidlich geregelt, aber absehbar nicht gelöst werden kann.

7.    An der Asylfrage entscheidet sich die Zukunft des Landes

Dieses „Argument“ wurde ja in letzter Zeit oft bemüht. Hier verweist Ulrich darauf, dass mittlerweile nur noch auf die verbliebenen Defizite verweisen wird, sogar von Regierungsparteien:
Kommen weniger Flüchtlinge, wird einfach eine größere Lupe zur Hand genommen, relevant ist nicht mehr, was geschieht, sondern was als Geschehen empfunden wird. In Österreich ist man schon weiter und schiebt beinahe jedes Problem der Gesellschaft auf die Flüchtlinge, von der Rentenpolitik bis zur Wohnungspolitik.

8.    Ohne sie wäre alles besser

Es gibt ja wenig, wofür manche Leute die Flüchtlinge (und/oder Merkel) verantwortlich machen. Auch hier findet Ulrich die passenden Worte:
Zur Beurteilung der Flüchtlingspolitik wird oft ein imaginärer migrationsloser Zustand zum Kriterium erhoben. Demzufolge ist jedes Verbrechen, das von Migranten begangen wird, eines zu viel, weil es ja ohne sie nicht passiert wäre.

9.    Sie sind undankbar

St. Martin riskiert heute, wenn er seinen Mantel teilt, die Frage: Und was ist mit dem Pferd? Oder: Warum bist du eigentlich reich und ich nicht? Zu diesem gefühlten Mangel an Dankbarkeit gesellt sich eine Urangst der Europäer: die Furcht vor Vergeltung.

10.    Die da

Ulrich fordert ein Ende der Einteilung in „Wir und „Die da“.

11. Pull-Faktoren

Ja, Europa ist attraktiv: wirtschaftlich erfolgreich, demokratisch, frei. Neben den vielen Gründen das Heimatland zu verlassen (sog. Push-Faktoren) gibt es auch Pull-Faktoren, die für Migrant/innen anziehen sind. Ulrich warnt: Wer alle Pull-Faktoren beseitigen will, muss die EU zu einem abschreckenden Gebilde machen.

12.    Merkel hat die Grenzen geöffnet

Hat Merkel die Grenzen geöffnet oder „nur“ die Grenzen offen gehalten? Ulrich dazu: „Die Flüchtlingsdebatte bezieht sich in dieser Sicht weniger auf Gegenwart oder Zukunft als auf einen vermeintlichen Sündenfall in der Vergangenheit.“

13.    Die Deutschen haben wegen ihrer Vergangenheit ein schlechtes Gewissen

Auch bei diesem Abschnitt trifft Ulrich aus meiner Sicht den Nagel auf den Kopf:
Das Argument, Deutschland sollte wegen Auschwitz großzügig Flüchtlinge aufnehmen, bringen fast nur noch jene auf, die es sodann als moralische Zumutung brüsk zurückweisen. Deutschland ist eines der reichsten Länder dieser Erde, eine erfolgreiche Exportnation und versucht, zivilisiert und wertegebunden seinen Platz in der Mitte Europas auszugestalten. Man braucht keine Sekunde Vergangenheit, um eine humane und zugleich realistische Flüchtlingspolitik zu begründen, die Zukunft reicht völlig.

14.    Wir können nicht alle aufnehmen

Müssen wir auch nicht, weil nicht alle zu uns kommen wollen und werden. Dass der Satz dennoch immer wieder gesagt wird, dient dazu, eine immer rigorosere Flüchtlingspolitik als legitime Zurück-weisung eines monströsen moralischen Anspruchs zu stilisieren.

15. Man muss kühl draufblicken

Nein, müssen wir nicht, Mitgefühl ist wichtig. „Seehofers Nonchalance bei den 69 Abschiebungen zu seinem 69. Geburtstag zeigt, wie weit dieses Nichtfühlen schon kultiviert ist.“

Selten hat mich ein Artikel so begeistert, sauber argumentiert und ein Genuss, auch wenn man natürlich nicht allen 15 Thesen zustimmen muss.

Freitag, 22. Juni 2018

Der afrikanische Fluch?


In zwei Dossiers hat sich die ZEIT mit der Situation in Afrika beschäftigt.

Der afrikanische Fluch

Im Dossier Der afrikanische Fluch gehen Bastian Berbner, Malte Henk und Wolfgang Uchatius der Frage nach, warum so viele Menschen aus Afrika ihre Heimat verlassen wollte.
In ihren eindrucksvollen Berichten über Sierra Leone, Liberia, Elfenbeinküste, Burkina Faso, Niger, Nigeria, Kamerun, Äthiopien und Botswana zeigen sie die gigantischen Unterschiede in der Entwicklung auf. Während die Zustände in einigen Ländern katastrophal ist, haben andere Staaten eine ganz erstaunliche Entwicklung hinter sich gebracht.
Als ein Erfolgsbeispiel beschreiben die Autoren Botswana, ein Land, das eine sowohl wirtschaftlich als auch politisch erfreuliche Entwicklung genommen hat: Die Einkünfte aus den Diamanten-Verkäufen wurden in die Entwicklung des eigenen Landes gesteckt, es herrscht eine demokratische Stammeskultur.

Bericht zu kurz gegriffen?

Scharfe Kritik an diesem Artikel kommt von Alexander von Paleke, der den Artikel in seinem Blog als zu „kurz gegriffen“ bezeichnet. Das Dossier benennt wichtige Ursachen für die Misere nicht, die ein schlechtes Licht gerade auf den Westen werfen,  insbesondere die Kriege auf dem afrikanischen Kontinent, in die der Westen direkt und indirekt stark verwickelt war. Die brutalsten Kriege fanden, anders als uns der Artikel glauben machen will, insbesondere auch von der Zahl der Opfer her, nicht in Westafrika statt, sondern in Angola und in der Demokratischen Republik Kongo. Millionen starben dort in sogenannten Stellvertreterkriegen.
Auch das Erfolgsbeispiel Botswana sieht er differenzierter. Diamanten sind kein strategischer Rohstoff, sondern ein nettes Anhängsel für die Reichen und berühmten. Dank eines Kartells konnte Botswana verhindern, dass Diamanten wie andere Produkte zu Schleuderpreisen auf dem Weltmarkt angeboten werden.

Wir brauchen einen afrikanischen Frühling

Im zweiten Teil Wir brauchen einen afrikanischen Frühling kommen verschiedene Expert/innen zu Wort. Die Überschriften zeigen, worum es geht. Hier sprechen die Zwischenüberschriften für sich.
"Wir brauchen einen afrikanischen Frühling"
"In Afrika gibt es keine Gegner, da gibt es nur Feinde"
"Viele Unternehmen haben ein negatives Bild des Kontinents"
"Die Menschen begreifen sich viel zu wenig als Gemeinschaft"
"Die Afrikaner müssen sich ihre Zukunft aus eigener Kraft erkämpfen!"

Auch diesen Teil kann ich sehr zur Lektüre empfehlen.