Freitag, 27. April 2018

Trumps erfolgreicher Egotrip

Trump macht die Welt nicht nur ratlos, er hat auch durchaus Erfolg - so die Analyse Trumps erfolgreicher Egotrip in der ZEIT von Marcus Gatzke, Steffen Richter und Marlies Uken.

Mit seinem Protektionismus stellt Trump die bisherige multilaterale Wirtschaftsordnung infrage. Die Autoren haben vier Thesen zur zukünftigen Entwicklung

1. China ist der unsichtbare Dritte

In einem Punkt sind sich Europäer und die USA bei allen Differenzen einig:
Beide eint die Kritik an China, vor allem wenn es um den Diebstahl geistigen Eigentums und die fehlende Gleichbehandlung geht: In praktisch allen Industriezweigen sind die Bedingungen für ausländische Unternehmen und Investoren erheblich restriktiver als jene, die chinesische Firmen in den offenen Volkswirtschaften Europas und den USA vorfinden. Dazu sind Chinas Unternehmen im Ausland offen wie verdeckt mit Staatsgeldern und -krediten unterwegs.
Hier – so die These der Autoren – könnte es also durchaus Gemeinsamkeiten geben.

2. Trump gewinnt (ein bisschen)

Alle lachen über Trump – eine Gegenstrategie entwickeln die anderen Staaten aber nicht, im Gegenteil: Sie stehen Schlange, um von Trump verschont zu bleiben. Trump hat Erfolg damit: Südkorea ist entgegengekommen und auch die NAFTA und die Europäer zeigen Kompromissbereit-schaft. Auch wenn die Wirtschaft schon vor der Trump boomte – Unternehmen versprechen neue Jobs und bringen Gewinne zurück, der amerikanische Aktienmarkt feiert seine Steuerreform. Er gewinnt also ein bisschen und schafft Veränderung in seinem Land.
Es setzt sich in Teilen der amerikanischen Bevölkerung der Glaube durch, dass Trump Amerika wieder nach vorn bringt. Dass nationaler Egoismus mehr einbringt als multilaterale Regeln und Verträge.

3. Die WTO ist tot

Die Meinung von Trump über die WTO und die globale Handelsordnung ist eindeutig: Für ihn steht sie für fast alles, was ihm verhasst ist: Multilateralismus und eine globale Handelsordnung. In Trumps Logik haben die WTO, der Internationale Währungsfonds und die Weltbank dafür gesorgt, dass die USA ins Hintertreffen geraten sind.
Die Erosion hat bereits vor Trump begonnen, China missachtet die Regel, die Staaten machen mit Freihandelsverträgen ihr eigenes Ding. Die USA nutzen die WTO nur, wenn sie Vorteile erhoffen. Das frustrierende, aber nachvollziehbare Fazit der Autoren: Die WTO ist tot.

4. Europa muss selbstbewusster werden

Die Autoren kritisieren, dass die Europäer auch um Ausnahmen baten: „Eine peinliche Kapitulation. Seitdem spielt Europa Trumps bizarren Welthandelspoker mit.“
Dabei hätten die Europäer durchaus gute Karten - ohne Europäer hätten viele US-Firmen immense Probleme: Warum sollte etwa Europa auf die Forderungen Trumps eingehen, die europäischen Importzölle zu senken, wenn die US-Regierung zugleich das Iran-Abkommen und den Klimaschutzvertrag von Paris infrage stellt?

Hoffnung setzen die Autoren auf Frankreichs Präsident Macron, der eine klare Vorstellung von europäischer Souveränität hat und im besten Sinne ein Dealmaker im Konflikt mit den USA sein kann. Europa soll sich unabhängiger machen, so der Ratschlag, z.B. mit Abkommen wie mit Mexiko. Außerdem sollte sich Europa von innen reformieren und die Eurozone fit für die nächsten Jahre machen. Sie hoffen auch, dass die Europäer enger zusammenrücken, wie sie es bei der gemeinsamen Verteidigungspolitik bereits gemacht haben:
Erst Trump und die Angst vor noch mehr Populismus haben den Wahlerfolg von Macron möglich gemacht. Dass er nicht nur verspricht, sondern auch handelt, zeigen seine innenpolitischen Erfolge. Jetzt muss er Merkel überzeugen, mitzuziehen. Nur so wird Europa nicht zwischen den USA, China und Russland zerrieben.

Dienstag, 17. April 2018

Den Euro retten - was sagen die Experten?

Interessanterweise haben nun gleich zweimal jeweils 14 Ökonomen Vorschläge gemacht, wie der Euro gerettet werden könnte.

Marktdisziplin und Risikoteilung unter einem Hut


Bereits im Januar haben 14 deutsche und französische Ökonomen ein Reformpaket vorgeschlagen. Diesen gehören auch Marcel Fratzscher (Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung) und Clemens Fuest (Präsident des ifo-Instituts) an, die sich sonst nicht immer einig sind. Sie eint der Wunsch den Euroraum robuster und krisenresistenter zu machen, für solide Staatsfinanzen zu sorgen und mehr Wirtschaftswachstum zu ermöglichen. Wichtige Basis der Vorschläge für die 6 Bereiche: Frankreich und Deutschland müssen aufeinander zugehen.
  1. Bankenunion und Kapitalmarktunion vervollständigen, unter anderem durch die Einführung des lang diskutierten gemeinsamen Einlagesicherungsmechanismus
  2. Eine neue Ausgabenregel anstelle des Maastricht-Defizitkriteriums. Statt der starren 3%-Regel solle es einfach Ausgaberegeln geben, die von unabhängigen Institutionen festgelegt und überprüft werden
  3. Grundlage für eine geordnete Schuldenrestrukturierung für Länder, deren Solvenz nicht durch Hilfskredite mit Auflagen wiederhergestellt werden kann
  4. Neuer gemeinsamer Fonds zur Unterstützung einzelner Länder bei großen wirtschaftlichen Krisen. Mitgliedsländer zahlen in den Fonds ein, wobei für wirtschaftliche Verwerfungen besonders anfällige Länder überproportional beitragen
  5. Neues Euro-Anlageprodukt als Alternative zu Staatsanleihen - ausdrücklich kein Euro-Bonds
  6. Reform der Institutionen: Präsident der Eurogruppe an die Kommission anbinden

Bewertung

Der Vorschlag ist ein Kompromiss, er enthält einige Vorschläge, die bereits in der Diskussion sind bzw. dort hingehören, so z.B. die Forderung nach Einbindung des Präsidenten der Eurogruppe, der im Moment ohne klare parlamentarische Kontrolle wichtige Funktionen wahrnimmt.
Auch den Vorschlag anstelle der starren und willkürlichen 3 %-Regel eine neue Ausgaberegeln mit unabhängiger Kontrolle zu haben, finde ich interessant.


Ein Haushalt für die Euro-Zone

In der Süddeutschen Zeitung ist ein Reformaufruf erschienen, den 14 europäische Ökonomen und Politiker unterzeichnet haben, darunter auch der grüne Finanzexperte Gerhard Schick. Der Aufruf ist als Antwort auf einen Vorschlag der deutsch-französischen Gruppe zu verstehen.

Institutionelle und politische Fragen in den Mittelpunkt

Statt rein ökonomischer Lösungsvorschläge sollten institutionelle und politische Fragen im Mittelpunkt der Reformdebatte stehen
Zu einem neuen politischen Ansatz müsste ein echtes europäisches Exekutivorgan gehören. Dieses würde Wirtschaftspolitik sachkundig und politisch eigenständig betreiben, gleichzeitig aber gegenüber einem parlamentarischen Gremium der Euro-Zone demokratisch rechenschaftspflichtig sein.

  1. Haushalt das Finanzsystem glaubwürdig absichern: Abwicklungsfonds und eine gemeinsame Einlagensicherung
  2. Stärkere makroökonomische Stabilisierung ermöglichen, beispielsweise durch eine Arbeitslosenversicherung kleineren Umfangs auf Ebene der Euro-Zone
  3. Ein Euro-Zonen-Haushalt, der im Unterschied zum EU-Haushalt die Befugnis hat, Steuern zu erheben, Ausgaben zu beschließen und Schuldtitel zu emittieren.
  4. Durch eine neuartige Kohäsions- und Konvergenzpolitik soll der Euro-Zonen-Haushalt Länder unterstützen, die mit strukturellen Problemen der Wettbewerbsfähigkeit und institutionellen Herausforderungen zu kämpfen haben.
  5. Ein Investitionsprogramm für Verteidigung, Innovation und Umwelt soll die gesamtwirtschaftliche Leistung der Euro-Zone verbessert werden
Die notwendigen Einnahmen sollen durch einen Anteil aus Mehrwertsteuer, Unternehmenssteuer und einer neuen CO2-Steuer finanziert werden. Der Umfang des Euro-Zonen-Haushalts soll ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen – also die Summe, die die Mitgliedstaaten bereits in den derzeitigen EU-Haushalt einzahlen.

Bewertung

Anders als der Titel „Ein Haushalt für die Euro-Zone“ suggeriert, geht der Vorschlag über den auch von anderen Experten geforderten Haushalt und enthält Vorschläge, die Kritikern die Zornesröte ins Gesicht treibt. Die Vorschläge einer gemeinsamen Einlagensicherung und auch einer „kleinen“ europäischen Arbeitslosenversicherung wurden bereits von anderen Experten vorgeschlagen und dienen ja vor allem dazu, nicht genutzt zu werden. Auch dem Investitionsprogramm kann ich einiges abgewinnen, auch wenn Verteidigung an erster Stelle steht.
Bleibt die Frage nach der Höhe: Ein weiteres Prozent würde faktisch eine Verdopplung der nationalen Beiträge für die EU bedeuten. Andererseits: nicht erst seit Trump werden 2 % des BIP von vielen als selbstverständlichen Beitrag für Verteidigung angesehen, wäre Europa das nicht auch wert? Dennoch dürften wohl die meisten der Vorschläge auf absehbare Zeit keine Realisierungschance haben.