Donnerstag, 22. Dezember 2022

Putin als Sinnstifter für die EU?

In der Süddeutschen Zeitung beschreibt Stefan Kornelius „Putin als Sinnstifter für Europa“.

Die EU als Friedensmaschine

Für Kornelius zeigt sich die EU in „typischer Verfassung: im Kleinen kompliziert, mauschelnd, kompromisslerisch - im Großen aber attraktiv und widerstandsfähig, und immer noch: eine Friedensmaschine.“ Das vergangene Jahr mit unzähligen Beratungen zeigte, wie groß die Kraftanstrengung war, die EU zusammenzuhalten.

Putin will eine Veränderung der Machtverhältnisse

Mit dem Krieg möchte Putin nicht nur die Ukraine in ihrer Existenz vernichten, sondern auch die Machtverhältnisse ändern. Dazu gehört auch eine internationale Ordnung, die auf einem auf Regeln und Recht basierenden Interessenausgleich behandelt. Die EU weiß um diese Bedrohung, der Fluch des Nationalen bleibt. Die Gemeinschaft hat immer nur so viele Abwehrkräfte, wie sie im Überlebenskampf aufbringen muss.

Der Fluch des Nationalen

Mit dem wirkungsvollsten Hebel – die Umverteilung von Geld – schaffte die EU; Victor Orban von weiteren Erpressungen abzuhalten, aus gutem Grund haben die anderen Regierungschefs diesen Erfolg nicht ausgekostet - man sieht sich ja immer zweimal.
Auch Deutschland zeigt sich in der Krise nicht immer vorbildlich. Es ist auf die Integration und den Markt Europas angewiesen wie kein zweites Mitglied der EU, sorgte aber immer wieder für Verwerfungen. Es zeigte sich als übermächtiger Akteur, als europäischer Semi-Hegemon, ohne den nichts geht - der aber auch eine provozierende Selbstgerechtigkeit an den Tag legt.

Historische Chance auf Verbesserung

Über dem Tagegeschäft mit Handelsstreit, Sanktionspaket und Gaspreisdeckel sieht Kornelius eine überwölbende Botschaft: „Es ist die stabilisierende und auch wohlstandsverheißende Rechtsgemeinschaft EU, die durch den Krieg an Attraktivität gewonnen hat.“ Die Staaten des Balkans und die Ukraine wollen Teil dieses Schutzraums sein. „Die friedensstiftende Wirkung der EU wird stets unterschätzt. Gerade jetzt ist das ein törichtes Versäumnis."

Donnerstag, 15. Dezember 2022

Endlich - die EU bestraft Ungarn

Die EU hat endlich ernst gemacht: Ungarn wird bestraft, weil es sich nicht an die Spielregeln hält.
Zwar lag die Summe etwas niedriger als geplant und – mit Bedingungen – kann Ungarn auf die Corona-Gelder zurückgreifen, letztlich hat Orban aber das Kräftemessen. Selbst alte Verbündete wie Polen und neue Verbündete Italien wendeten sich gegen Orban.
Die Kürzung betrifft drei EU-Hilfsprogramme für benachteiligte Regionen. Diese unterstützen zum Beispiel den Bau von Straßen, Klärwerken und Kinderhorten. Insgesamt soll Ungarn bis 2027 mehr als 34 Milliarden Euro an Regionalförderung erhalten oder als Agrarsubvention.

Bedeutsamer Deal

Auch der Stern   lobt den Deal als bedeutsam. Ungarn befindet sich in einer finanziellen Krise, seine großzügigen Programme wurden auch durch EU-Gelder finanziert. Jüngst musste die Regierung sogar eine seit mehr als einem Jahr geltende Benzinpreisdeckelung mit sofortiger Wirkung aufheben, weil sie deren Funktionieren nicht mehr sicherstellen konnte.

Ist es schon zu spät?

Cathrin Kalhweit argumentiert in der Süddeutschen Zeitung, dass Europa viel zu lange hat gewähren lassen. Orbán macht schon lange, was er will, indem er einen permanenten Ausnahmezustand kreiert und das Land mit Dekreten unter Verkürzung oder Auslassung parlamentarischer Prozesse regiert
Die Fidesz-Partei ist dabei, den von ihr ausgerufenen Kulturkampf zu gewinnen

Es geht lange schon um viel mehr als Korruption und Kontrolle. Fidesz hat 2010 einen Kulturkampf begonnen und ist dabei, ihn zu gewinnen. Er macht längst Politik auf Kosten der nächsten Generation - mit einer selbstgemachten Wirtschaftskrise, einer auf Russland und China ausgerichteten Außenpolitik und einer Gesellschaftspolitik, die junge, unabhängige Köpfe zunehmend ins Ausland treibt
Für eine lebendige Demokratie ist es in Ungarn zu spät.