Thomas Kirchner analysiert in der Süddeutschen Zeitung das Wahlergebnis in den Niederlanden.
Unzufriedenheit mit der Politik begünstigt Nationalisten
Die Wahl zeigt, was passiert, wenn sich die Politik von ihren Bürgern und deren Sorgen abschottet. Dann können rechte Radikale an die Macht kommen. Und dann wird es gefährlich - siehe das Programm des Nationalisten. Gelang vor acht Monaten der Bauer-Bürger-Bewegung ein triumphaler Sieg bei den Provinzwahlen ist es nun Geert Wilders gelungen. Waren es damals die Umweltpolitik, war es diesmal die Zuwanderung. Dazu kamen Probleme, die viele Regionen umtreiben: schwindende Kaufkraft, kaum bezahlbare Wohnungen, steigende Gesundheitskosten. Hinzu kommt die Unzufriedenheit mit dem niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte, dem der eigene Machterhalt wichtiger schien als die Not der Menschen.
Radikales Programm von Wilders
Geert Wilders ist einer der radikalsten europäischen Nationalisten. Verbot des Korans, Schließung aller Moscheen und islamischen Schulen im Land, Referendum zum Ausstieg aus der EU, Klima- und weite Teile der Umweltpolitik komplett streichen, Türkei aus der Nato werfen, keine Waffen für die Ukraine, totaler Asylstopp, durchgesetzt von Soldaten an der niederländischen Grenze. Vertreter der anderen Parteien beleidigte er auf übelste Weise.
Wilders an der Regierung wäre schlecht. Ihn nicht regieren zu lassen? Auch
Gestoppt werden kann er nur durch ein lagerübergreifendes Bündnis – von Sozialdemokraten zu Rechtliberalen. Dies könnte die die Unzufriedenheit eher noch befördern. Das wäre allenfalls die weniger schlechte Lösung. Die andere Alternative wäre die Beteiligung an der Regierung – Rutte hatte sich von Wilders Anfang der 2010er tolerieren lassen.
Menetekel für Europas Mitte-Parteien
Es wird Zeit, sich ernsthaft um die Sorgen der Bürger zu kümmern. Dazu zählen Fortschritte bei der Migrationsfrage, z.B. durch Verhandlungen mit Dritt- und Herkunftsstaaten, um das Sterben auf dem Mittelmeer beenden. Oder es ist Marine Le Pen, die den nächsten großen Sieg einfährt.