Der SPIEGEL berichtet über verschiedene Vorschläge, wie die Zahl der Flüchtlinge reduziert werden könnte. Aktueller Anlass sind die vielen Flüchtlinge, die auf der europäischen Insel Lampedusa und in Europa ankommen. Viele Vorschläge sind seit langem bekannt und werden überschätzt – positiv wie negativ. Weder sind sie Allheilmittel noch Teufelszeug.
Obergrenze
Bayerns Ministerpräsident Söder forderte eine Obergrenze von 200.000 Asylbewerbern. Diese Zahl hatte bereits 2017 zu einer heftigen Debatte zwischen CDU und CSU geführt, letztlich einigte man sich auf einen politischen Wert, keine verbindliche Vorgabe.
Tatsächlich würde die Einhaltung einer festen Obergrenze mit dem Grundrecht auf Asyl kollidieren – und ist schon deshalb unrealistisch. Eine Debatte darüber, wie viele Menschen Deutschland integrieren kann, mag nötig sein – wird aber kurz- und mittelfristig nichts daran ändern, wie viele Asylsuchende herkommen.
Sichere Herkunftsstaaten
Einige fordern eine Ausweitung der Länder, die als sichere Herkunftsstaaten gelten. Gilt ein Land als »sicherer Herkunftsstaat«, gilt die Annahme, dass dort keine Verfolgung droht. Das beschleunigt die Asylverfahren. Antragssteller müssen nachweisen, dass ihnen dennoch Verfolgung droht.
Die meisten Menschen kommen aus Syrien, Afghanistan, Türkei, Irak und Iran - alles Länder, die nicht als sichere Herkunftsstaaten eingestuft werden können.
Allerdings muss auch die Rückführung funktionieren, ansonsten bleibt die abschreckende Wirkung begrenzt.
Migrationsabkommen
Migrationsabkommen sind die Voraussetzung dafür, dass andere Maßnahmen wirken können. Kritisiert wird hier, dass Vereinbarungen mit problematischen Partner geschlossen werden, zuletzt Tunesien. Kern des Abkommens: Tunesien bekommt Geld und muss im Gegenzug dafür sorgen, dass die Flüchtlingszahlen über die Mittelmeerroute sinken.
Derzeit kommen aber mehr Menschen, Gründe könnten eine Art Torschlusspanik unter Schleuern und Ausreisewilligen sein.
Der Abschluss des Abkommens stockt, ebenso wie andere geplante Abkommen. Als Vorbild dient das abkommen mit der Türkei, das anfangs gut funktioniert hat. Problematisch an solchen Abkommen ist, dass sich durch die Veränderung der politischen Lage auch die Vereinbarung in Frage gestellt wird.
Kampf gegen Schleuser
Eine weitere neu belebte Idee ist der Kampf gegen Schleusern. Konkret wird eine stärkere Überwachung der Grenzen gefordert. Aber auch hier gibt es Zweifel, denn die Verantwortlichen sitzen nicht in den Booten, sondern an Land. Eine weitere Befürchtung, dass die Menschen andere gefährlichere Routen nehmen: Dann wird irreguläre Migration nicht begrenzt, sondern nur teurer und tödlicher und am Ende ein Konjunkturprogramm für die Schlepper.«
Verfahren an den EU-Außengrenzen
Bereits im Juni haben sich die EU-Staaten auf eine Reform des Asylrechts geeinigt, dass Verfahren an den EU-Außengrenzen für Menschen vorsehen, die aus Ländern mit einer Anerkennung von weniger als 20 % kommen. Zweifel gibt es an der Umsetzung: Gibt es genügend Plätze in den Aufnahmeeinrichtungen? Nehmen die Herkunftsländer die Menschen auch wieder zurück? Hier schließt sich der Kreis zu den Migrationsabkommen.
Schlagwörter statt ernsthafter Bemühungen
Auch wenn die Zeit drängt – nicht zuletzt aufgrund der Wahlkämpfe. Dennoch sind schnelle Erfolge kaum zu erwarten. Der Migrationsexperte Gerald Knaus kritisiert die Schlagwörter und immer gleichen Forderungen. In der Tat finden sich im Kompromisspapier von CDU und CSU 2017 viele Forderungen, die heute wieder auf der Agenda stehen: Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitländern nach Vorbild des EU-Türkei-Abkommens, gemeinsame EU-Asylverfahren an den Außengrenzen sowie gemeinsame Abschiebungen von dort, Erweiterung der Liste sicherer Herkunftsstaaten, vor allem Marokko, Algerien und Tunesien.