Dienstag, 29. September 2020

Der EU-Migrationspaket: Basis für einen guten Kompromiss?

Endlich ist er da – mit einem Migrationspakt will die EU-Kommission den jahrelangen Streit beenden. Hier folgt ein Überblick über das was drin steht - und was nicht drin steht:  nämlich ein Verteilungsschlüssel und einige Bewertungen.

Die Kernpunkte im Überblick  

Die Tagesschau hat die wichtigsten Punkte zusammengestellt: 

Verfahren an der Grenze

Bereits an der Grenze soll es eine Vorüberprüfung geben – für Menschen aus Ländern mit einer geringen Anerkennungsrate soll es ein schnelles Verfahren gibt. Denkbar sind hier auch geschlossene Lager.

Umverteilung innerhalb der EU

Eine verpflichtende Umverteilung soll es nicht geben. Dafür sind finanzielle Anreize für die Übernahme von Flüchtlingen vorgesehen. In Notsituationen soll es eine verpflichtende „flexible Solidarität“ geben, die auch durch „Abschiebe-Patenschaften“ erfüllt werden können.

Dublin-Verfahren

Das Dublin-Verfahren, demzufolge der EU-Staat für den Asylantrag zuständig ist, auf dessen Boden der Schutzsuchende zuerst europäischen Boden betreten hat, soll beibehalten werden. Menschen, die in einem Land bereits gearbeitet haben oder Geschwister haben, sollen dort ihren Antrag stellen können.

Seenotrettung

Hier setzt die Kommission auf freiwillige Zusagen der Mitgliedstaaten. Sie möchte besser mit Nichtregierungsorganisationen zusammenarbeiten, damit Grund- und Menschenrechte nicht verletzt werden.

Verbesserte Zusammenarbeit mit Drittstaaten

Mit maßgeschneiderten Partnerschaften soll der Kampf gegen Schleuser und die Rücknahme abgelehnter Asylbewerber verbessert werden. Dazu zählen auch „Talent-Partnerschaften“, über die Arbeitskräfte angeworben können.

Scharfe Kritik von allen Seiten

An den Vorschlägen gab es viel Kritik. In den Lagern an der Grenze, an denen die Vorprüfung durchgeführt werden sollen, sehen Beobachter die Gefahr „vieler neuer Morias“. In der Tat, hat das Konzept der Hotspots schon bisher nicht funktioniert.
Maximilian Popp kritisiert im SPIEGEL den Begriff „flexible Solidarität“. Schon der Begriff ist für ihn ein Hohn, denn flexible Solidarität ist keine. Länder, die bisher keine Flüchtlinge aufnehmen wollten, dürfen jetzt mit „Rückführungspartnerschaften“ Flüchtlinge zurückschicken. Aber selbst diese deutlich abgeschwächte „Solidarität“ ist den bisher Verweigerern zu viel -schlechte Aussichten also.

Gute Basis für einen Kompromiss

Roland Preuss sieht in der Süddeutschen in den Vorschlägen eine gute Basis für einen Kompromiss.
Das Beharren auf Maximalforderungen erzeugte in der Flüchtlingspolitik vor allem eines: Stillstand. Die Kommission geht nun den pragmatischen Weg. Das Beharren auf Maximalforderungen hat in den letzten Jahren keine Lösung gebracht. Anders als 2015 haben viele Flüchtlinge kein Anrecht auf Asyl, eine Vorprüfung an der Grenze könnte den Druck reduzieren und für eine schnellere und humanere Asylpolitik führen.