Das Vorgehen ist perfide – und Lukaschenko hat bittere Vorbilder. Schon Libyens Diktator Gaddafi drohte der EU mit dem Zustrom von Flüchtigen und auch der türkische Präsident Erdogan versucht in regelmäßigem Abstand die EU mit der Drohung von Flüchtlingen zu Zugeständnissen zu bringen.
Nun hat der belarussische Machthaber Lukaschenko die Strategie übernommen, nachdem ihn die EU nach den gefälschten Präsidentschaftswahlen mit Sanktionen bestraft hat. Während man der Türkei zugutehalten kann, dass sie viele Flüchtlinge im eigenen Land unterstützt, lässt sie Lukaschenko einfliegen und unter unmenschlichen Bedingungen an der Grenze campieren.
Was kann die EU tun?
Der SPIEGEL analysiert verschiedene Möglichkeiten – alle sind mit Problemen verbunden.
Sanktionen gegen Belarus und Drittsaaten
Bereits Gebrauch macht die EU von weiteren Sanktionen gegen Belarus, so wurde die Fluglinie und mehrere Beamten bestraft. Auf Drittländer wurde Druck ausgeübt, damit diese keine Flüge mehr nach Belarus zulassen. Nur teilweise mit Erfolg: nachdem Direktflüge aus Bagdad gestoppt wurden, versuchen es die Menschen nun auf anderen Staaten.
Die Geflüchteten aufnehmen und verteilen
Die EU hat 450 Millionen Einwohner. Die Verteilung von ca. 12.000 Geflüchteten sollte also möglich sein. Gegen einen Verteilungsschlüssel wehren sich einige Länder aber bereits bisher, sodass keine Einigung zu erwarten ist. Andere befürchten einen Sogeffekt, wenn Geflüchtete einreisen dürfen.
Die Grenze mit Gewalt abriegeln
Im Falle der Türkei hat Griechenland im Februar 2020 die Grenzen abgeschottet und somit die Erpressung durch Erdogan beendet. Schon jetzt sind Menschen gestorben und der Winter naht- kann Europa, die sich immer noch als Wertegemeinschaft versteht – so handeln?
Mit Lukaschenko reden
Merkel hat mit Lukaschenko gesprochen – und wurde dafür hart kritisiert, schließlich erkennt die EU zurecht die Präsidentschaftswahl nicht an. Aber was ist die Alternative, ohne Kontakte – auch zu Russland – wird es nicht gehen.
Partnerschaft mit Nachbarn
Der Migrationsexperte Gerald Knaus schlägt eine andere Lösung vor – die Staaten im Osten Europas sollen eingespannt werden. Er schlägt in der ZEIT vor, Geflüchtete zu registrieren und dann in Drittstaaten wie die Ukraine zu bringen, wo ihre Asylanträge geprüft werden könnten. Im Gegenzug sollten die Ukraine und andere Länder umfassende Finanzhilfen und weitere Unterstützung aus Brüssel bekommen.
Ein ähnliches Vorgehen fordert er auch aus Seenot geretteten, hier sieht er in Tunesien einen potentiellen Partner. Hier hofft er, dass Menschen sich erst gar nicht auf den Weg machen. Ob damit das Ziel erreicht wird, dass irreguläre Migration reduziert wird und weniger Menschen an den Grenzen sterben, bleibt offen.