Der Streit zwischen der EU und Polen eskaliert erneut. Dieses Mal geht es um ein Urteil des polnischen Verfassungsgerichts, das den Vorrang des EU-Rechts. Einige Medien gehen der Frage nach, ob damit der Polexit näher gerückt ist.
Was bedeutet das Urteil?
Der Deutschlandfunk berichtet über die wichtigsten Fragen:
Konkret hat das Gericht entschieden, dass die Bestimmung aus den EU-Verträgen, mit denen die EU-Kommission ihr Mitspracherecht bei Fragen der Rechtsstaatlichkeit begründet, nicht mit der polnischen Verfassung vereinbar ist.
Expert*innen sprachen deshalb von einem „juristischen Polexit“, auch wenn einem tatsächlichen Austritt – ähnlich wie im Fall von Großbritannien – ein langes Austrittsverfahren nötig wäre.
Da die schärfste Waffe der EU über Artikel 7 kaum zum Ziel führen kann – Polen und Ungarn sichern sich gegenseitige Unterstützung zu – bleibt das Geld. Aus dem regulären EU-Haushalt hat Polen zuletzt jährlich 12 Milliarden Euro netto erhalten. Aus dem Corona-Wiederaufbaufonds könnte Polen rund 60 Milliarden Euro verteilt auf Zuschüsse und Darlehen bekommen.
Die Öffentlichkeit in Polen ist laut Umfragen deutlich gegen einen Austritt und die Opposition hat zu Protesten aufgerufen.
Die Geduld der EU neigt sich dem Ende zu
Die anderen EU-Staaten und die EU-Organe verlieren zunehmend die Geduld, vor allem nach dem Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki bei seinem Auftritt vor dem Europäischen Parlament verbal nachgelegt hat. Das Europäische Parlament wiederrum hat nun die EU-Kommission verklagt, weil diese nicht entschieden gegen Polen und Ungarn vorgeht.
Andererseits könnten auch Polen und Ungarn in wichtigen Fragen die Arbeit der EU blockieren, die Hoffnung bleibt also, dass es doch noch zu einer Lösung kommt.