Gerald Knaus, österreichischer Soziologe, der als Initiator des EU-Türkei-Deals bekannt wurde, hat im SPIEGEL (leider nur für Abonnenten) ein spannendes Essay zu einem weiteren großen EU-Thema geschrieben: der Rechtsstaatlichkeit und der Frage, wie sich europäische Werte verteidigen lassen. Seine Antwort „Mit einer Sprache, die überall verstanden wird: der des Geldes.“
Fördermittel kürzen bei Verletzung des Rechtsstaatlichkeit
Es gibt viele Akteure, die die Kürzung von Geldern fordern, wenn Staaten rechtsstaatliche Prinzipien nicht einhalten. Groß war auch die Enttäuschung, das beim EU-Gipfel in dieser Frage nur ein schwacher Kompromiss erzielt werden konnte. Interessant finde ich die Diskussion, der die notwendige qualifizierte Mehrheit sogar als Vorteil sieht: Dann müssten die Staaten wirklich Geschlossenheit zeigen, Orban könnte nicht wie üblich wenigen Staaten die Schuld zu schieben.
Orientierung an Erweiterungspolitik
Interessant finde ich auch den Vergleich zur Erweiterungspolitik: Bevor Staaten der EU beitreten können, müssen sie strikte Kriterien erfüllen, erhalten jedes Jahr ein Zeugnis und erhalten Geld entsprechend der erzielten Fortschritte. Warum sollen diese Regeln nicht mehr gelten, wenn die Staaten der EU beigetreten sind?
Solidaritäts- und Demokratieverwaltung
Ein weiterer spannender Ansatz ist die Koppelung an Entscheidungen des Europäischen Gerichtshof. Diesem Modell zufolge würde der Europäische Gerichtshof Entscheidungen treffen, das Thema wäre nicht mehr von politischen Kompromissen abhängig.
Die Sprache des Geldes
Es ist traurig, dass wir innerhalb der Europäischen Union ernsthaft über die Einhaltung von rechts-staatlichen Prinzipien reden müssen. Ich finde es außerdem bedauerlich, dass Politiker*innen unterschiedlicher Couleur Ungarn, Polen und auch anderen Kandidaten nicht entschieden(er) entgegentreten (hier mein Blogeintrag). Gerade deswegen sind die Vorschläge von Knaus erfolgsversprechend, denn letztlich zählt (nur) die Sprache des Geldes.