In der Süddeutschen Zeitung beschreiben Nicolas Freund und Sebastian Gierke die militärische Lage in Ukraine und gehen der Frage nach, wie es in weitergehen könnte. Die Lage in der Ukraine ist so bedrohlich wie lange nicht mehr.
In vielen Bereichen unterlegen
Die russischen Invasoren setzen ukrainische Streitkräfte mit intensivem Artilleriebeschuss massiv unter Druck. Die russischen Angreifer rücken an verschiedenen Stellen vor
Der Munitionsmangel bei der Artillerie ist aktuell das größte Problem. Offensichtlich verfügen die Russen über deutlich mehr Munition. Besserung ist nicht in Sicht, denn die Amerikaner und Europäer können die versprochenen Granaten nicht liefern. Auch bei der elektronische Kriegsführung ist die russische Armee deutlich überlegen. Ukrainische Raketen und Drohnen werden massiv gestört.
Auch bei der Anzahl sind die Russen überlegen: 500 000 russische Soldaten befinden sich mittlerweile in der Ukraine – mehr als doppelt so viele wie 2022 zur Zeit der Vollinvasion.
Die Verluste der ukrainischen Truppen sind hoch, die Ukraine schafft es kaum, neue Soldaten zu rekrutieren.
Der Plan der Ukraine für 2024
Kiew bereitet sich auf einen langen Defensivkampf vor. Dazu werden Schützen- und Panzergräben ausgehoben, Bunker und Unterstände gebaut, Panzersperren errichtet, Minen verlegt. Das Ziel für 2024 ist es, dem Angreifer möglichst große Verluste zuzufügen – und die eigenen zugleich so gering wie möglich zu halten. Außerdem sollen die besetzten Gebiete befreit werden. Die Aussichten einer erfolgreichen Gegenoffensive hängen neben innenpolitischen Entscheidungen auch von westlichen Verbündeten ab.
Die Szenarien
Im positiven Szenario bekommt die Ukraine die Probleme in den Griff, d.h. mehr Munition, mehr Soldaten und Fortschritte bei der elektronischen Kriegsführung. In diesem Fall könnte die Ukraine das Vorrücken der Russen verhindern. Bei einer denkbaren Gegenoffensive müssten die sehr tiefen russischen Verteidigungslinien überwinden können.
Im negativen Fall können die Ukraine den Russen kaum mehr standhalten, vor allem wenn die westliche Unterstützung ausbleibt. Im Falle eines Wahlsiegs von Donald Trump könnte dieses Szenario Realität werden. Die russischen Angreifer könnten dann weite Teile der Ukraine – einer möglichen weiteren Fluchtbewegung von Ukrainern inklusive.