Nordengland geht an die Tories
Durch mein Studium und Praktika in Nordengland habe ich eine besondere Beziehung zu Nordengland. Ich habe erlebt, mit welcher Verachtung viele meiner Freunde über die damalige konservative Regierung gesprochen haben und mit wie sie sich über Sieg Tony Blairs 1997 gefreut haben (und wenig später frustriert waren, aber das ist eine andere Geschichte). Über Jahrzehnte war Nordeng-land fest in Labour-Hand, jetzt gewannen die Tories hier viele Wahlkreise – und damit die Wahl.Die Gänse haben für Weihnachten gestimmt
Im SPIEGEL wurde dieses Verhalten treffen beschrieben: Die Gänse haben für Weihnachten gestimmt, denn fast nichts der Programmatik ist wirklich für Arbeiter und arme Leute – im Gegenteil. Die Politik der Konservativen ist verantwortlich für den Frust vieler Menschen im Norden - die Menschen wendeten sich aber mehrheitlich gegen die Europäischen Union.„Get Brexit done“ als erfolgreiche Strategie
Boris Johnson mit der Forderung nach einem klaren Brexit eine klare und letztlich erfolgreiche Strategie. Labours Parteichef Corbyn eierte herum, wollte im Falle seines Wahlsiegs nochmals neu verhandeln (über was?) und forderte mal mehr oder weniger überzeugend eine neue Abstimmung. Auch wenn mir die Liberalen als Pro-Europäer durchaus nahe sind, fand ich ihre Strategie, das Referendum einfach zu ignorieren, auch nicht überzeugend.Mehrheit für Brexit-Gegner
Besonders bitter ist das Ergebnis, wenn man sich die Stimmanteile von Befürwortern und Gegnern des Austritts anschaut. Die eindeutigen Befürworter des Brexit – die Konservativen und die Brexit-Partei – kommen gemeinsam (nur) auf 45,6 %, die eindeutigen Gegner Liberale, Schottische Nationalpartei, Grüne und – wenn auch nicht so eindeutige Gegner – Labour auf 50,3 %.Spaltung bei Regionen und Alter
Die Bevölkerung ist nach wie vor tief gespalten. Die Konservativen haben lediglich in England klar gewonnen – die mit Abstand größte Region. In Schottland triumphierten die Schottische Nationalpartei und hofft nun wieder auf die schottische Unabhängigkeit. Auch in Wales errangen die Nationalisten Sitze, die meisten Sitze gingen aber an Labour. Noch komplizierter ist die Lage in Nordirland, wo die katholischen Parteien Sinn Fein und SDLP erstmals mehr Sitze gewannen als die protestantische DUP. Eine tiefe Spaltung zeigt sich beim Alter: Junge Menschen haben ganz überwiegend für Labour und andere proeuropäische Parteien gestimmt - lediglich bei den Älteren hatten die Konservativen die Mehrheit.Unsicherheit bleibt
Auch wenn der Austritt Großbritanniens jetzt fest steht, bleiben viele Unsicherheiten. Die Verhandlungen über die zukünftigen Beziehungen beginnen erst: Wird Johnson einen pragmatischeren Kurs fahren oder mit dem Triumph im Rücken den Hardliner spielen? Kann Schottland dauerhaft ein zweites Referendum verwehrt werden – und wie würde dieses ausgehen? Es bleibt spannend!Weitere Informationen
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Die ZEIT: Unterhauswahl Großbritannien